Eine Geschichte zum Schmunzeln - Die Würfelgeschichte

Zwischen 1976 und 1982 spielte sich in Barsinghausen eine nette, heute fast vergessene Geschichte ab, bei der es auch um das Verständnis von Kunst ging.

Die Stadtverwaltung hatte im Zuge der Neugestaltung der Fußgängerzone auch Straßenkunst beschafft; aus einer Schule in Langenhagen kam durch persönliche Kontakte ein ca. 1 x 1 m großer, auf der Spitze stehender rostiger Eisenwürfel nach Barsinghausen und wurde als Kunstwerk auf der Rasenfläche zwischen Kloster und Rathaus aufgestellt. Es gab eine heftige Diskussion; in den Zeitungen fanden sich zahlreiche Leserbriefe, in denen das Unverständnis über diesen Würfel geäußert wurde. Auch Ratsmitglieder wandten sich dagegen, auch weil die Verwaltung dieses Kunstwerk ohne Diskussion und Zustimmung im Rat angeschafft und aufgestellt hatte. 

Zwischen 1976 und 1978 stand dieser Würfel nun in der Kirchstraße, als im Feburar 1978 der SPD-Ratsherr Udo Mientus im Rat den Antrag stellte, den Würfel, der inzwischen rostete, zu entfernen, mit der Begründung: "Bevor die ersten Löcher auftreten, sollte den mit weniger Kunstverständnis ausgestatteten Naturliebhabern die Möglichkeit eröffnet werden, sich in diesem Frühjahr an nicht durch Rost unterbrochenem Grün zu erfreuen". Da der Antrag zu kurzfristig eingegangen war, wurde er nicht entschieden, sondern zur Beratung in den Kulturausschuss verwiesen.

 

Das war das "Kunstwerk", der Würfel zwischen Rathaus und Kloster

     
Am nächsten Morgen war der Würfel verschwunden - die Aufregung in der Stadt war groß. Aber eine Woche später war der wieder da, diesmal sorgfältig farbig bemalt und mit den würfeltypischen Punkten versehen. Er war vor der Wilhelm-Stedler- Schule aufgestellt, um den Schülern eine Freude zu machen.  Am folgenden Tag wurde klar, dass die beiden SPD-Ratsherren Stefan Malcowski und Henri Widdel den Würfel heimlich nachts abgeräumt hatten, ihn in Kirchdorf in einer Scheune untergestellt und bemalt hatten. Dabei kam bei dem Abräumen sogar eine Polizeistreife vorbei; Henri Widdel konnte die Beamten aber ablenken und auf einem VW-Pritschenwagen wurde der Würfel abtransportiert. Die Stadtverwaltung aber verstand keinen Spaß und ließ den Würfel sofort zum Bauhof abtransportieren, aus ihrer Sicht war das Kunstwerk verschandelt worden. Besonders die Kinder der Schule waren darüber sehr betrübt und schrieben einen Brief an die Verwaltung, in dem sie darum baten, den Würfel wieder zu bekommen.

Es dauerte eine Weile, bis sich der Kulturausschuss mit dem Thema befasste und schließlich empfahl, den Würfel in der bemalten Form wieder vor der Schule aufzustellen; dem schloss sich schließlich der Rat mit den Stimmen der SPD an.

Bis 1980 stand der Würfel dann zwischen den Fahnenmasten; der Rost machte ihn aber zunehmend unansehnlicher. 

 

Der bemalte Würfel auf dem Bauhof mit den beiden "Tätern" und Udo Mientus,   

 
Auf diese Geschichte wurde sogar der NDR aufmerksam und so wurde für die Nordschau ein dreiminütiger Bericht darüber gedreht. Stefan Malcowski (links) und Henri Widdel begründeten ihre Aktion damit, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen den Rostwürfel gewesen sei und aus ihrer Sicht hatte der Würfel erst nach dem Bemalen sein "richtiges" Aussehen erhalten.

Die drei Erbauer des Würfels, ehemalige Schüler des Gymnasiums in Langenhagen allerdings fanden die Geschichte gar nicht lustig und so kam es noch zu einem langjährigem Rechtsstreit um das Kunstwerk und das Urheberrecht. Schließlich wurden die beiden Barsinghäuser Ratsherren 1981 zu 3.500 DM Strafe verurteilt. Außerdem sollten sie die Farbe vom Würfel wieder entfernen.

Das allerdings war dann nicht mehr möglich, weil der Würfel zwischenzeitlich stark angerostet war und auf dem Bauhof lagerte; Ende 1981 beschloss der Verwaltungsausschuss, den Würfel zu verschrotten und mit dem Würfel auch die Geschichte untergehen zu lassen.

 

Ausschnitt aus dem NDR-Bericht über die "Würfelkomödie",

hier findet sich die Broschüre als Download (535 kb)